Kommentar: Von Gutmenschen und Gutfirmen

Es ist das Unwort des Jahres 2015 und ein politischer Kampfbegriff. „Gutmensch“ begegnet mir selbst immer wieder als eine ironische, sarkastische, gehässige oder verachtende Verdrehung des eigentlichen Wortsinns „guter Mensch“ in eine Verunglimpfung. So bezeichnete „Gutmenschen“ werden entweder als übermäßig moralisierend oder als naiv abqualifiziert und verächtlich gemacht. Im Privaten genügt meistens als Antwort auf den Gutmenschen-Vorwurf: lieber ein guter als ein schlechter Mensch sein zu wollen. So einfach ist es für Unternehmen nicht. Tatsächlich kommt man sich auf so mancher CSR-Konferenz vor wie bei einer Hilfsorganisation. Schnell mal eben die Welt retten.

Doch dafür sind Unternehmen nicht da. Sie müssen sich verantwortungsvoll verhalten in allen Dingen, die ihr Business umfasst, das ist die Voraussetzung. Sie müssen aber nicht, um das ganz deutlich zu sagen, Kindergärten streichen, Brunnen in Afrika bohren, Sportvereine unterstützen oder für krebskranke Kinder spenden. Wenn sie das tun, zeigen sie sich gesellschaftlich verantwortlich, doch letztendlich steckt hinter (fast) jedem Mäzenatentum ein Motiv. Das ist bei Personen häufig die Eitelkeit. Und bei Unternehmen kann es eine ganz gezielte Funktion sein, die sie mit ihren Aktivitäten verbinden. Das ist nicht etwa zynisch sondern legitim, denn Unternehmen können per Definition nicht altruistisch sein. Wenn sie das für sich klarlegen, und nicht einfach „irgendetwas mit Kindern“ machen, wie wir es so oft hören, sondern ihr gesellschaftliches Engagement strategisch auf ein definiertes Kommunikationsziel ausrichten, sind Unternehmen, die Gutes tun, nicht einfach nur „Gutfirmen“, sondern gut beraten.

Gerd Henghuber